Praxis und Theorie der Priorisierung in der Medizinischen Rehabilitation

Fragestellung

Lassen sich für die medizinische Rehabilitation Priorisierungslisten nach schwedischem Vorbild erstellen? Welche Priorisierungskriterien werden dabei berücksichtigt?

Projektbeschreibung

In der 1. Förderphase einer DFG Forschergruppe zur Priorisierung in der Medizin (2007-2010) beschäftigte sich das Lübecker Teilprojekt mit der Analyse des schwedischen Modells der Priorisierung. Unter Priorisierung versteht man die Erstellung einer Rangreihe von Medizinischen Interventionen, Patienten(gruppen) oder Indikationen nach ihrer Wichtigkeit. In Schweden wird - anders als in Deutschland - bereits seit fast 20 Jahren intensiv über Priorisierung in der medizinischen Versorgung gesprochen. In Deutschland wird eine öffentliche Debatte darüber bislang von Politikern und Kostenträgern vermieden.

In der 2. Förderphase (2011-2014) soll das schwedische Priorisierungsmodell im Kontext des deutschen Gesundheitssystems erprobt werden. Dies soll anhand der Entwicklung einer Priorisierungsliste für den Bereich der kardiologischen Rehabilitation geschehen. Eine solche Liste realisiert eine besondere Form von Leitlinie, die nicht konkrete Behandlungsempfehlungen, sondern eine Rangabstufung sogenannter „condition-treatment-pairs“ (Problem-Leistungs-Kopplungen) enthält. Hierbei werden wir mit einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft und einem wissenschaftlichen Beirat zusammenarbeiten. Als Basis für die Entwicklung der Priorisierungslisten dienen die in Schweden angewandten und die in theoretischen Vorarbeiten anderer Teilprojekte der Forschergruppe 655 identifizierten Priorisierungskriterien. Insbesondere sind dies: Schwere und Prognose der jeweiligen „condition“; die Wirksamkeit, Nutzenchancen und Schadensrisiken der auf sie bezogenen diagnostischen und therapeutischen Interventionen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis sowie der zu erwartende Ressourcenverbrauch; und die Qualität der zu jedem der bisher genannten Kriterien vorliegenden Evidenz.

Diese Priorisierungskriterien sollen erprobt und ggf. weiterentwickelt werden. Unter Beteiligung von relevanten Berufsgruppen und auch Rehabilitanden soll eine Konsensuskonferenz die Priorisierungsliste erarbeiten. Der Priorisierungsprozess wird wissenschaftlich vorbereitet, begleitet und evaluiert. Dazu sollen eine schriftliche Befragung möglicher Stakeholder-Gruppen sowie eine inhaltsanalytische Auswertung von Tonbandmitschnitten von Arbeitsgruppentreffen und der Konsensuskonferenz durchgeführt werden.

Ziel

Das Projekt soll die bislang von Experten dominierte Priorisierungsdebatte um die Alltags- und Betroffenensicht von Bürgerinnen und Bürgern erweitern. Darüber hinaus soll ein Beitrag zum Besseren Verständnis der (theoretischen) Begründungen und Effekte von Bürgerbeteiligung geleistet werden.

Laufzeit

März 2011-Februar 2014

Förderung

DFG (als Teilprojekt B4 der DFG Forschergruppe 655)

Beteiligte Institute

Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin
Universität zu Lübeck
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck

Ansprechpartner

Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe, Sabine Stumpf, Lena Fick

Kooperation

DFG Forschergruppe 655 (hier bitte link zu www.for655.de); wissenschaftlicher Beirat

Publikationen